Artikel aus Delphin-Netzwerk – Ausgabe 02 | 2016

Die Camafo®-Orthese I

Erfahrungsbericht

Im Januar 2016 war unser Sohn Roland, bilaterale Cerebralparese mit Spastik (hauptsächlich beinbetont) das erste Mal bei der Reha »Auf die Beine« in Köln. Da wir mit seiner bisherigen Orthesenversorgung nicht zufrieden waren, da in unseren Augen überversorgt, wurde uns dort empfohlen, die camafo®-Orthese auszuprobieren. Glücklicherweise sind wir im KiNZ in Bonn mit der allumfassenden Betreuung nach zweimaligem Wechsel angesiedelt, dessen physiotherapeutische Abteilung u.a. mit der Firma rahm zusammenarbeitet. Bei unserer nächsten orthopädischen Sprechstunde sprachen wir das Thema an. Wir hatten nach dem Wechsel gezögert, sofort neue Orthesen anfertigen zu lassen und wollten einfach mehrere Meinungen hören. Unser Orthopäde und auch die Physiotherapeutin vor Ort stimmten dem Vorschlag mit der camafo®-Orthese zu, denn beide hatten diese auch im Kopf.

Herr Kandel von der Firma rahm erklärte und zeigte uns die Wirkungsweise der Orthese an einer vorhandenen und wir befanden sie für gut, denn das war in unseren Augen genau das, was wir uns vorgestellt hatten. Effektive Unterstützung der Füße und Fußgelenke unseres Sohnes, mit Beweglichkeit. Wir waren immer der Meinung, Orthesen, die starr sind und Muskeln nicht mit einbeziehen, schwächen diese, was wir auch mit der vorherigen Überversorgung erfahren mussten.

Nach der Abnahme der Gipsabdrücke warteten wir entsprechend erwartungsvoll auf dieneue Versorgung. Es wurde noch einmal mit der Orthese eine Anprobe gemacht und kurze Zeit später hatten wir diese zuhause. Im gewünschten Grün, passend zu den ausgewählten Schuhen. Das Gelenk an der Außenseite der Knöchel lässt die Beweglichkeit zu drei Seiten zu, nur nach innen, da können die Füße nicht einknicken, was Stabilität erzeugt. Da mein Sohn noch nicht frei laufen kann, im Kindergarten natürlich auch auf dem Boden, im Zwischenfersensitz spielt, war es wichtig, dass er seine Füße nicht noch mehr nach außen dreht. Mit den Orthesen legt er sie auf dem Fußrücken ab, was ein Fortschritt ist, denn vorher, ohne, legte er sie nach außen ab.

Anziehen lassen die Orthesen sich in meinen Augen sehr unproblematisch, da sie nur an den Füßen und dem unteren Teil des Unterschenkels befestigt werden müssen. Mit je zwei Klettbändern werden sie fixiert. Krämpfe hatten wir, im Gegensatz zur vorigen, bisher keine. Das Gangbild unseres Sohnes ist stabiler (mit Hilfe eines Posterior-Walkers) und auch die Aufrichtung der Beine wird gefördert, man muss ihn aber trotzdem immer wieder daran erinnern, da nicht gewohnt. Das Überkreuzen der Beine wird verhindert, die Füße sind zwar durch die ungewohnte Korrektur etwas nach innen verdreht, das wird sich eventuell mit ausreichend Übung noch ändern.

Die Camafo®-Orthese II

Interview mit dem Produktentwickler der camafo®, Gunnar Kandel, Fa. rahm, Zentrum für Gesundheit GmbH

Herr Kandel, wir haben im Erfahrungsbericht von Roland gelesen, dass er mit der neuen camafo® versorgt wurde. Um welche Art der Orthese handelt es sich dabei?

Die camafo® ist eine unilateral knöchelübergreifende Gelenkorthese in Faser-Verbund-Technik. Diese neuartige Orthesentechnik wurde in unserem Hause entwickelt und ist patentrechtlich geschützt. Seit 2013 haben wir sie an inzwischen über 100 ausgesuchten Patienten mit sehr positivem Ergebnis angewendet. Es handelt sich dabei um eine Orthese zur Korrektur des unteren Sprunggelenkes, so wie es zum Beispiel bei Kindern mit reversiblen hypotonen oder leicht hypertonen Fußfehlstellungen nötig ist.

Was bedeutet der Begriff camafo®?

Wir haben die Wortschöpfung camafo® aus den funktionellen Eigenschaften dieser Orthese abgeleitet: Die Orthese wirkt Fersenbein-(Calcanaeus) aufrichtend (Adjustive), und lässt dabei, bis auf die pathologische Achse, die gewünschten Bewegungsachsen weitestgehend frei (Multidirektional). Die Orthese übergreift dabei das Knöchel- und Fußgelenk (Ankle-Foot-Orthesis). So entstand ein kurzer und prägnanter Begriff, den wir inzwischen als Markennamen haben schützen lassen.

Was ist das Besondere an derneuen camafo®-Orthese und wie hilft sie meinem Kind?

Viele Kinder, die wir bei rahm versorgen, benötigen für eine optimale Kraftentwicklung und -ausnutzung beim Stehen und Gehen eine gute Korrektur der hypotonen Knickfüße. Bisher wurden sie mit Einlagen in Kombination mit Therapieschuhen, Maßschuhen, oder auch mit dynamischen knöchelhohen PP-Orthesen(DAFOs) versorgt. Nachteil dieser bisherigen Versorgungstechniken ist die zum Teil starke Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenkes, die automatisch mit der Korrektur und Fixierung des unteren Sprunggelenkes einhergeht. Je nach Belastungsphase benötigt der Fuß aber mal mehr, mal weniger Bewegungsfreiheit. Bis dato war die orthetische Versorgung daher immer ein Kompromiss zwischen korrigierender Fixierung und Bewegungsfreigabe.

Und die neue camafo®-Orthese, die bei rahm entwickelt wurde, ändert das jetzt?

Wir haben das Prinzip »Entweder(Korrektur)-Oder(Bewegung)« in ein »Sowohl-als-auch« umgewandelt. Die pathologische Achsabweichung kann nun korrigiert werden, ohne dabei die gewünschten physiologischen Bewegungeneinzuschränken. Die Fuß- und Unterschenkelmuskulatur kann in einer geführten Dynamikarbeiten und darüber ihr Kraftpotentialverbessern. Die camafo® ermöglicht dem Kind dadurch ein relativ großes Maß an Bewegungsfreiheit bei gleichzeitiger Unterstützung und Sicherung der anatomischen korrekten Fußposition. Sowohl beim Krabbeln und Spielen auf dem Boden als auch beim Stehen und Gehen kann die camafo® den versorgten Kindern beste Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten geben. Wichtig ist allerdings, dass die Indikation stimmt: Die Technik eignet sich für Kinder mit hypotonen Knickfüßen, so wie wir sie z.B. bei Trisomie 21 oder auch bei verschiedenen Stoffwechselerkrankungen finden. Aber auch Kinder wie Roland, mit einer moderaten Spastik, die keine Spitzfußproblematik aufweisen, sind dafür geeignet.

Warum haben Sie das Produkt patentrechtlich schützen lassen?

Das Patent dient der Qualitätssicherung. In der Vergangenheit haben wir immer wieder Fälle erlebt, bei denen ein gut funktionierendes Produkt von Wettbewerbern nachgebaut wurde, ohne die dafür erforderlichen Kenntnisse zu besitzen. Das Ergebnis: Das Produkt wurde bei den falschen Indikationen eingesetzt, sodass die Kinder nicht optimal versorgt wurden. Ohne die notwendigen Details in der Produktion zu kennen, konnte der Nachbau die erforderliche Haltbarkeit nicht erreichen. Die Folge: Funktionsverlust oder Materialbruch. Solche Fehlversorgungen führten dazu, dass ein neues Produkt in Verruf kam bzw. von Verordnern und Kostenträgern abgelehnt wurde. Um diesem Problem vorzubeugen, dürfen nur zertifizierte Techniker eine camafo®-Orthese anmessen und vertreiben. Hierzu bauen wir ein separates Vertriebssystem auf.

An wen wende ich mich, um eine camafo®-Orthese für mein Kind zu bekommen?

Der einfachste Weg ist, dass Sie sich an mich wenden. Bei einem gemeinsamen Treffen in unserem Hause würden wir dann ganz individuell die Versorgungsmöglichkeit Ihres Kindes erörtern und mit Ihnen die weiteren Schritte planen. Aufgrund der langjährigen Erfahrung und Spezialisierung der Firma rahm im Bereich der Kinderhilfsmittel werden wir mit Sicherheit eine optimale Lösung finden. Und für alle anderen Belange verfügen wir über ein perfektes Netzwerk.

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